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Geschlechtsangleichende Operationen bei Transsexualität

VON DR. MED. BERNHARD LIEDL
Oberarzt der Urologischen Klinik und Poliklinik, Klinikum Großhadern der LMU München


FORTSCHRITTE DER MEDIZIN Nr. 23 / 1999 (141. Jg.), S. 41-45.

ZUSAMMENFASSUNG

Geschlechtsangleichende Operationen sind sowohl bei Transsexualismus Mann zu Frau als auch bei Frau zu Mann etablierte Verfahren. Während bei ersterer in meist nur zwei Eingriffen gute kosmetische, funktionelle Ergebnisse zu erzielen sind, ist bei letzterer zur Erlangung möglicher guter Ergebnisse eine Vielzahl von Eingriffen erforderlich, zudem unter Inkaufnahme von Hebedefekten. Die im eigenen Krankengut bevorzugten operativen Techniken werden detailliert dargestellt und illustriert. Die Vornahme dieser komplexen Eingriffe soll nur in spezialisierten Zentren in Kooperation zwischen Urologen, Gynäkologen und plastischen Chirurgen erfolgen.

Geschlechtsangleichende Operationen werden heute nicht mehr als experimentell, sondern bei korrekter Indikation als notwendig betrachtet, um die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Speziell Frau-zu-Mann-Operationen stellen aber auch heute noch eine Herausforderung für den Operateur dar.

Transsexualismus ist eine anerkannte Erkrankung im Sinne der RVO, die erst nach intensiven diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen [2, 4] gestellt werden kann.

Das seit 1980 bestehende Transsexuellengesetz schaffte die juristischen Voraussetzungen für die Vornamens- und Personenstandsänderung. Die operative "Geschlechtsumwandlung", die besser als geschlechtsangleichende Operation bezeichnet wird, stellt seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofes aus dem Jahre 1971 keine sittenwidrige Körperverletzung dar [1]. Wesentliche Voraussetzungen für diese Operationen sind jedoch eine ordentliche, unabhängige Begutachtung entsprechend den derzeitigen Standards [2], bei der nach einer mindestens einjährigen psychotherapeutischen Betreuung durch einen Experten und einem Alltagstest Transsexualität nach Ausschluss möglicher Differentialdiagnosen als irreversibel festgestellt werden muss, eine mindestens halbjährige hormonelle Vorbehandlung sowie eine eingehende Aufklärung.

Da geschlechtsangleichende Operationen schwere Eingriffe in gesunde Körperteile darstellen und die gesamte Persönlichkeit verändern, sind sie nur in ganz eindeutigen Ausnahmefällen indiziert und sind nur dann nicht sittenwidrig, wenn sie zur Vermeidung schwerster Seelischer und körperlicher Beeinträchtigung unerlässlich erscheinen [13]. Ist die Anpassung des Körpers an das psychische Geschlecht Voraussetzung für eine psychische Stabilisierung, übernehmen die Krankenkassen die Behandlungskosten.

In den letzten Jahren wurden die operativen Techniken zur Geschlechtsangleichung verfeinert, so dass bei differenziertem Einsatz oft kosmetisch und funktionell gute Ergebnisse zu erzielen sind.

Operationsziele
Nach dem Transsexuellengesetz § 8 ist Voraussetzung zur Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit, dass dauernde Fortpflanzungsunfähigkeit besteht und dass die äußeren Geschlechtsmerkmale durch einen operativen Eingriff so verändert sind, dass eine deutliche Annäherung an das Erscheinungsbild des anderen Geschlechts erreicht worden ist Diese Ziele sind bei Mann-zu-Frau-Transsexuellen bereits durch die Kastration und Penisamputation, bei Frau-zu-Mann-Transsexuellen durch die Brustreduktion und Entfernung der inneren Geschlechtsorgane erreicht.

Mit diesen einfachen Maßnahmen darf sich der Operateur jedoch nicht zufrieden geben. Es steht außer Zweifel, dass die soziale und psychologische Stabilisierung um so leichter gelingt, je besser eine kosmetische und funktionelle Angleichung an das gewünschte Geschlecht gelingt. Ein optimaler Einsatz der heute zur Verfügung stehenden Techniken ist daher zu fordern.

Bei Mann-zu-Frau-Transsexuellen besteht der Wunsch nach einem kosmetisch akzeptablen äußeren Genitale, einer sensibel innervierten Klitoris, die als erogene Zone dient, und einer ausreichend tiefen und weiten Vagina, die zur Kohabitation geeignet ist.

Bei Frau-zu-Mann-Transsexualismus besteht laut einer Untersuchung von Hage et al [7] in 52% der Wunsch nach einer Phallusplastik, obwohl im Aufklärungsgespräch auf die Notwendigkeit mehrerer Operationen, auf die große Gefahr von Misserfolgen und kosmetisch nicht zufriedenstellende Ergebnissen hingewiesen wurde. Besonderer Wert wurde auf die Miktion im Stehen (99Wo), auf die Bildung eines Skrotums (96%) einer Glans (920/o)1 der Erektionsfähigkeit (860/0) gelegt, d.h., es besteht meistens die Forderung nach einem Phallus1 der alle wesentlichen Funktionen des Penis ermöglicht

Tabelle 1:
Geschlechtsangleichende Operationen bei Tanssexualismus Mann zu Frau

Zielstruktur  
Neovagina Gebildet aus/durch Penischafthaut durch Einstülpung alternativ:Neovagina aus Sigma oder Zökum
Klitoris gestielte Glans Penis, teils deepithelisiert Labien
Labien Skrotalhaut
Harnröhre Kürzung der männlichen Harnröhre, Verschmälerung des Corpus spongiosum durch Raffnähte
Mons pubis Z-Plastiken Zar Medialisierung der ventral klaffenden Vulva Verschiebung des ehemaligen Penisansatzes nach dorsal, hierdurch Verschiebung des präpubischen Haaransatzes nach kaudal

Klitoris gestielte Glans Penis, teils deepithelisiert Labien Skrotalhaut Harnröhre Kürzung der männlichen Harnröhre, Verschmälerung des Corpus spongiosum durch Raffnähte Mons pubis Z-Plastiken Zar Medialisierung der ventral klaffenden Vulva Verschiebung des ehemaligen Penisansatzes nach dorsal, hierdurch Verschiebung des präpubischen Haaransatzes nach kaudal

Operation bei Transsexualisinus Mann zu Frau (MZF)
Aufgrund eigener Erfahrungen an 15 MzF-transsexuellen Patienten führen wir, basierend auf den bekannten Mitteilungen im Schrifttum, verschiedene Operationsschritte durch (Tabelle 1):

Von einem Schnitt entlang der Raphe des Skrotums von ca. 6 cm Länge erfolgt zunächst die beidseitige Entfernung der Hoden und Nebenhoden nach Durchtrennung des Samenstranges in Höhe des äußeren Leistenringes, wodurch dauerhafte Fortpflanzungsunfähigkeit resultiert.



Abb. 1
Zustand nach Z-Plastiken zum Mons-pubis-Aufbau und Z. n. Labienbildung aus Skrotalhaut bei Transsexualismus MzF.

Abb. 2:
Die Neovagina aus Penisschafthaut ist weit und tief, mit normalen Spekula einsehbar. Die Klitoris halb verdeckt.